Neue Antikollisionssysteme für Vögel bringen mehr Ertrag für Windenergieanlagen

Neue Radar- und Kamerasysteme bringen neue Chancen für Betreiber von Windenergieanlagen. Die neuen Systeme sollen als Antikollisionssysteme für Vögel dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot gem. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG gerecht werden. Bisher müssen Windenergieanlagen heruntergefahren werden, wenn eine geplante Mahd oder Ernte von bewirtschafteten Flächen in der Umgebung stattfindet. Anlagen müssen auch für die Brutzeit heruntergefahren werden, wenn eine gefährdete Vogelart in der Umgebung der Windenergieanlage einen Nistplatz hat. Betroffene Anlagen können so bis zu 28% ihrer Ertragszeit einbüßen (Quelle: hier ). Nutzt man nun eine ereignisbezogene Abschaltung zum Vogelschutz, muss die Anlage nicht mehr pauschal abgeschaltet werden.

Welche Antikollisionsanlagen gibt es?

Das bekannteste Detektionssystem ist Identiflight. Dieses System ist in Deutschland bereits im Einsatz und von Behörden weitgehend akzeptiert. Identiflight wurde in den USA zur Erkennung von verschiedenen Adlerarten entwickelt. Ein weiteres bekanntes System ist SafeWind. Dieses ist vorwiegend bereits in Frankreich im Einsatz und hat in einzelnen Fällen auch in Deutschland bereits eine Genehmigung erhalten. Weitere Systeme sind z.B. BirdVision, Bioseco, Robin Radar, Bird Scan. Technisch werden die Anlagen mittels Radar- oder Kamerasystemen betrieben. Radarsysteme haben dabei den größeren Detektionsradius, sind allerdings limitiert in der Erkennung von gefährdeten Vogelarten.

Aktueller Stand in der Entwicklung und im Einsatz

Das Kompetenzzentrum für Naturschutz und Energiewende (KNE) bemüht sich seit mehreren Jahren die Antikollisionssysteme zu erforschen und objektive Daten dazu bereitzustellen. Dazu werden die Hersteller der Systeme eingebunden und Studien angefertigt. So wurde das schon verbreitete Kamerasystem IdentiFlight einer Praxisstudie unterzogen. Das System wurde an 6 Standorten in Deutschland installiert und die Daten ausgewertet. Hierbei wurde untersucht, wie gefährdete Vogelarten und die Entfernung zwischen Anlage und Nistplatz die Wirtschaftlichkeit der Anlage beeinflussen.

Wie funktionieren diese Kamerasysteme?

Mithilfe von mehreren Weitwinkelkameras wird ein umfassender Bereich von 360° automatisch erfasst und anhand von verschiedenen Algorithmen ausgewertet. Erfasste Elemente werden von einem zweiten Kamerasystem verfolgt und detailliert ausgewertet. Handelt es sich bei der Identifikation um eine bekannte und gefährdete Vogelart, so wird der erkannte Vogel weiterverfolgt. Der Radius beträgt dabei bis zu einem Kilometer. Ab einer bestimmten Nähe zur Anlage wird ein Warnton abgegeben, um den Vogel abzuschrecken. So wird die Sicherheit des Vogels und der Weiterbetreib der Anlage gewährleistet. Nähert sich der Vogel weiter der Anlage, wird diese automatisch heruntergefahren.

Die Erfolgsquote zur Erkennung des Rotmilans ist laut Herstellerangaben bei 96% und führt zu einer Kollisionsreduzierung von 82% (Quelle: hier).

Was bedeutet die automatisierte Steuerung für Standorte mit Nistplätzen gefährdeter Vogelarten?

In der Studie von KNE wurden die untersuchten Standorte in 3 Kategorien eingeteilt. Die Kriterien waren überwiegend die Vogelart, ihre Aktivität und die Nähe zum Brutplatz. Bei „schlechten“ Ausgangsbedingungen sind 15 Abschaltungen täglich durch die Erkennung von gefährdeten Vogelarten wahrscheinlich. Bei guten Ausgangsbedingungen, also mit weiterer Entfernung zur gefährdeten Art, sei nur noch mit 3,4 Abschaltungen täglich zu rechnen.

Insgesamt wurde so eine Ertragseinbuße von 0,4% bis 7,7% berechnet. Bei den getesteten Anlagen wäre unter dem Umstand, dass keine Antikollisionsanlage eingesetzt wird, die pauschale Abschaltung der Anlage für die Brutzeit des Vogels veranlasst wurden. Das Resultat wäre eine Einbuße von 28% des Ertrages.

Es lässt sich demnach festhalten, dass die Antikollisionsanlagen den Betrieb der Anlage ermöglicht, wo früher eine pauschale Abschaltung notwendig war.

Wo sind die aktuellen Diskussionsschwerpunkte?

Es fehlen weitere belastbare Daten aus größer angelegten Studien mit objektiven Daten. Auch werden aktuell noch Untersuchungen angestellt, inwieweit sich die automatische Abschaltung der Windenergieanlage auf ihren Verschleiß auswirkt. Für kleinere Anlagen ist eine Anschaffung von Antikollisionsanlagen zudem aktuell noch sehr teuer. Es zeigt sich allerdings, dass immer mehr Antikollisionssysteme Marktreife erlangen, sodass davon auszugehen ist, dass Antikollisionsanlagen in absehbarer Zeit zu besseren Preisen erworben und genutzt werden können.

Zudem entscheiden die Behörden im Einzelfall, ob eine Antikollisionsanlage für den Standort passt oder nicht. Damit eine Antikollisionsanlage aber überhaupt berücksichtigt werden kann, muss diese unbedingt korrekt im Genehmigungsantrag angegeben werden.

Übrigens: wieso wird oft der Rotmilan als Datengrundlage herangezogen?

Der Rotmilan gehört wegen seiner Verbreitung und weil er als Raubvogel viel Flugaktivität aufweist, zu den meistgefährdeten Vogelarten durch Kollisionen mit Windenergieanlagen. Auch der Steinkopfadler als Raubvogel ist gefährdet. Da dieser aber wesentlich weniger vertreten ist, wird der Rotmilan bevorzugt herangezogen.

Artenschutz ist wichtig. Wichtig ist auch der Ausbau erneuerbarer Energien und die Antikollisionsanlagen schaffen einen guten Spagat, um beides zu ermöglichen.


Wenn Sie Fragen zu einer Windkraftanlage haben oder sich für den Bau einer Windkraftanlage interessieren, melden Sie sich gern unverbindlich bei mir per E-Mail an dominikwloka@dwloka.com.

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